Videoüberwachung und Datenschutz?
Die neue europäische Datenschutzgrundverordnung (EU-DSGVO) hat sowohl bei Unternehmen als auch bei Privatpersonen Unsicherheit ausgelöst. Auch im Bereich der Sicherheit und des Einbruchschutzes spielt der Umgang mit Daten eine wichtige Rolle. Insbesondere bei Sicherheitssystemen mit Videoüberwachung und Videoaufzeichnung stellen sich Fragen, die in Bezug auf den Datenschutz von Interesse sind. Muss auf die Videoüberwachung hingewiesen werden? Welche Aufnahmen können während eines Einbruchs gemacht werden? Und dürfen Aufzeichnungen überhaupt zur Beweissicherung genutzt werden? In einem exklusiven Interview mit der 180° Datenschutz GmbH gehen wir den wichtigsten Fragen rund um Datenschutz und Videoüberwachung nach.
Was ist beim Datenschutz zu beachten?
Videoüberwachung und Videoaufzeichnung sind wichtige Komponenten beim elektronischen Einbruchschutz. Durch sie ist es möglich, weitläufige Gelände oder Gebäudekomplexe ohne großen Aufwand zu überwachen – bei Bedarf auch per Fernüberwachung mit Aufschaltung auf eine Notruf- und Serviceleitstelle. Im Falle eines Einbruchs, eines Überfalls oder von Vandalismus können die Aufnahmen zu einer schnelleren Täterverfolgung beitragen. Gleichzeitig können diese Maßnahmen jedoch auch mit den Persönlichkeitsrechten der Betroffenen kollidieren. Daher darf der Schutz personenbezogener Daten auch beim Thema Videoüberwachung nicht vernachlässigt werden. Um herauszufinden, ob eine Videoüberwachung zulässig ist und wessen Rechte überwiegen, muss jeder Einzelfall individuell betrachtet werden. Wir haben in einem Gespräch mit der 180° Datenschutz GmbH die wichtigsten Fragen rund um Datenschutz und Videoüberwachung geklärt.
Welche Änderungen bei Videoüberwachung und Datenschutz bringt die DSGVO mit sich?
Gemäß der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) gibt es keine explizite Regelung zur Videoüberwachung. Daher ist unklar, ob die bisherigen datenschutzrechtlichen Bewertungen in der Praxis Bestand haben werden. Im BDSG gibt es jedoch in § 4 eine Regelung zur Videoüberwachung. Ob diese angewendet werden darf, ist noch unklar, da die Bestimmungen der DSGVO nicht durch nationale Regelungen unterlaufen werden dürfen.
In Abwesenheit einer spezifischen Regelung muss die Rechtmäßigkeit einer Videoüberwachung anhand der Generalklausel in Artikel 6 Absatz 1 Satz 1 lit. f DSGVO beurteilt werden. Danach ist eine Überwachung rechtmäßig, wenn sie zur Wahrung berechtigter Interessen des Überwachenden oder Dritter erforderlich ist und die Interessen oder Grundrechte der betroffenen Personen nicht überwiegen.
Welche Maßnahmen müssen bei einer installierten Videoüberwachung ergriffen werden, um den Datenschutzvorgaben der DSGVO zu entsprechen?
Bevor eine Videoüberwachung installiert wird, sollte man zunächst klären, welches Ziel damit erreicht werden soll. Ein berechtigtes Interesse für den Einsatz einer Videoüberwachungsanlage kann ideeller, wirtschaftlicher oder rechtlicher Natur sein. Wenn die Überwachung beispielsweise dazu dienen soll, Einbrüche, Diebstähle oder Vandalismus zu verhindern, dann kann darin grundsätzlich ein berechtigtes Interesse gesehen werden, sofern eine tatsächliche Gefahrenlage nachgewiesen werden kann. Hierfür sind konkrete Tatsachen erforderlich, aus denen sich eine Gefährdung ergibt, wie zum Beispiel Beschädigungen oder besondere Vorkommnisse in der Vergangenheit. Es ist ratsam, solche Ereignisse sorgfältig zu dokumentieren (Datum, Art des Vorfalls, Schadenshöhe) oder etwaige Strafanzeigen aufzubewahren. Auch die Beweissicherung durch die Aufzeichnung kann ein berechtigtes Interesse darstellen. In manchen Fällen kann auch eine abstrakte Gefährdungslage ausreichend sein, wie zum Beispiel bei Geschäften, die wertvolle Ware verkaufen (z.B. Juweliere) oder die aufgrund ihrer Lage potentiell gefährdet sind (z.B. Tankstellen).
Bei der Einrichtung einer Videoüberwachung muss in jedem Fall ein Verzeichnis von Verarbeitungstätigkeiten gemäß Art. 30 DSGVO erstellt werden und auf Anforderung der Aufsichtsbehörde vorgelegt werden. Darin müssen folgende Angaben gemacht werden:
- Namen, Kontaktdaten der verantwortlichen Stelle
- Zwecke
- Kategorien der Betroffenen, Kategorien personenbezogener Daten
- Empfänger personenbezogener Daten
- Übermittlungen an Drittländer
- Löschfristen
- Beschreibung technischer und organisatorischer Maßnahmen
Muss man auf die Videoüberwachung hinweisen?
Gemäß der DSGVO sind Betreiber von Videoanlagen dazu verpflichtet, die Überwachung durch geeignete Maßnahmen kenntlich zu machen. Hierfür wird in der Regel ein gut wahrnehmbares Schild an den Kameras sowie vor dem überwachten Bereich angebracht. Mit der Einführung der DSGVO sind die Anforderungen an Transparenz und Informationspflichten erheblich gestiegen. Die Mindestanforderungen hierfür ergeben sich aus Art. 13 Abs. 1 und 2 DSGVO und umfassen folgende Punkte:
- Umstand der Beobachtung – Piktogramm, Kamerasymbol
- Identität des für die Videoüberwachung Verantwortlichen – Name einschl. Kontaktdaten
- Kontaktdaten des Datenschutzbeauftragten – soweit benannt, dann aber zwingend
- Verarbeitungszwecke und Rechtsgrundlage in Schlagworten
- Angabe des berechtigten Interesses – soweit die Verarbeitung auf Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit.f DSGVO beruht
- Dauer der Speicherung
- Hinweis auf Zugang zu den weiteren Pflichtinformationen gem. Art. 13 Abs. 1 u. 2 DS-GVO (wie Auskunftsrecht, Beschwerderecht, ggf. Empfänger der Daten)
Wie lange ist das Aufzeichnen erlaubt?
Die Aufsichtsbehörden sind der Auffassung, dass Daten aus Videoüberwachungen maximal 72 Stunden lang gespeichert werden dürfen. In einigen Fällen haben Gerichte jedoch entschieden, dass eine Speicherdauer von bis zu 10 Tagen unter bestimmten Umständen zulässig sein kann, da die 72-Stunden-Regel in der Praxis nicht immer praktikabel ist. Bei der Festlegung der Speicherdauer für die Videoüberwachung ist der Zweck, zu dem die Aufzeichnungen erstellt wurden, das entscheidende Kriterium. Wenn dieser Zweck entfällt, müssen die Daten unverzüglich gelöscht werden (gemäß Art. 17 Abs. 1 lit. a DSGVO). Trotz der Vorgaben zur „Datenminimierung“ (gemäß Art. 5 Abs. 1 lit. c DSGVO) und „Speicherbegrenzung“ (gemäß Art. 5 Abs. 1 lit. e DSGVO) behalten die bisherigen Vorgaben und Urteile aus der alten Rechtslage ihre Geltung.
Haben Täter Rechte, die mit Videoüberwachung aufgezeichnet werden?
Selbst wenn es notwendig ist, eine Videoüberwachung zur Wahrung des Hausrechts oder zur Verfolgung eines berechtigten Interesses einzusetzen, darf sie nur betrieben werden, wenn die schützenswerten Interessen der betroffenen Personen nicht überwiegen. In diesem Zusammenhang ist eine Abwägung zwischen den Interessen des Überwachenden und denen des Überwachten erforderlich. Die Bewertung erfolgt anhand des informationellen Selbstbestimmungsrechts als spezielle Ausprägung des Persönlichkeitsrechts auf der einen und dem Schutz des Eigentums oder der körperlichen Unversehrtheit auf der anderen Seite. Bei der Abwägung sind die Gesamtumstände jedes Einzelfalls zu berücksichtigen, wobei oft die Eingriffsintensität der jeweiligen Maßnahme ausschlaggebend ist. Die Überwachung von Bereichen wie Toiletten, Saunas, Duschen oder Umkleidekabinen, die die Intimsphäre der Menschen verletzt, ist grundsätzlich unzulässig. Die schützenswerten Interessen überwiegen auch oft dort, wo die Entfaltung der Persönlichkeit im Vordergrund steht, wie beispielsweise in Restaurants oder Parks.
Müssen Maßnahmen getroffen werden, damit die persönlichen Daten des Täters möglicherweise geschützt werden?
Um den Datenschutz bei Videoüberwachungen zu gewährleisten, sind bestimmte Maßnahmen zu ergreifen. So müssen die Daten der Überwachung gelöscht werden, sobald sie nicht mehr erforderlich sind oder schutzwürdige Interessen der Betroffenen einer weiteren Speicherung entgegenstehen. Eine Löschung nach spätestens 72 Stunden ist dabei anzustreben. Allerdings können unter bestimmten Bedingungen auch längere Aufbewahrungsfristen zulässig sein.
Zudem muss auf die Videoüberwachung hingewiesen werden, beispielsweise durch entsprechende Schilder oder graphische Symbole. Dabei müssen auch Angaben gemacht werden, wer die Überwachung durchführt, zu welchem Zweck sie erfolgt, wie der Datenschutzbeauftragte kontaktiert werden kann und wie lange die Daten gespeichert werden.
Vor der Inbetriebnahme einer Kameraanlage ist außerdem eine Überprüfung notwendig, um festzustellen, wo und wann eine Überwachung unbedingt notwendig ist. Dabei ist zu untersuchen, ob eine reine Beobachtung ausreichend ist oder ob eine Aufzeichnung notwendig ist, um den Überwachungszweck zu erreichen. Dies ist im Rahmen der Erforderlichkeit zu klären.
Welche Konsequenzen bei nicht datenschutzkonformer Videoüberwachung?
Eine undurchsichtige Videoüberwachung verstößt gegen DS-GVO (Art. 5 u. 13) und kann zu Anweisungen der Aufsichtsbehörde (Art. 58 Abs. 2 lit. d u. f DS-GVO) sowie Bußgeldern (Art. 83 Abs. 5 DS-GVO) führen. Betreiber sollten frühzeitig mit ihrem Datenschutzbeauftragten zusammenarbeiten, um die geänderten Anforderungen zu erfüllen, insbesondere hinsichtlich der Transparenz und der Gestaltung der Datenverarbeitung.